Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement (BEM): Voraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung?

WISSEN A-Z

Der Arbeitgeber ist bei Arbeitnehmern, die im Laufe eines Jahres länger als sechs Wochen wiederholt oder ununterbrochen erkrankt waren -mit einer sich hieraus ergebenden Arbeitsunfähigkeit- dazu verpflichtet Gespräche mit den betroffenen Arbeitnehmern zu führen und Hilfsangebote zu unterbreiten. Dieses Verfahren wird als betriebliches Eingliederungsmanagement bezeichnet. Die Verwendung der Abkürzung BEM ist hierfür weit verbreitet. Die Regelungen zur betrieblichen Wiedereingliederung von kranken Arbeitnehmern sind in § 84 II Sozialgesetzbuch IX (SGB) enthalten.

Habe ich nach längeren Fehlzeiten einen Anspruch auf ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement durch den Arbeitgeber?

Ja. Arbeitnehmer haben nach Vorliegen von Fehlzeiten von über sechs Wochen innerhalb eines Jahres einen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements. Ziel eines BEM Gespräches ist häufig ja auch die stufenweise Heranführung an die volle Arbeitsbelastung nach langer Krankheit oder Fehlzeit.

Zählen auch Kuraufenthalte oder Reha-Maßnahmen für die 6 Wochenfrist nach § 84 SGB IX?

Ja, bei der Berechnung der 6 Wochenfristen werden sämtliche Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit einbezogen, daher auch Kuraufenthalte oder Reha-Maßnahmen.

Kann ich meinen Rechtsanwalt zu einem BEM-Gespräch mitnehmen?

Einen Anspruch auf die Durchführung des BEM-Gespräches im Beisein des eigenen Rechtsanwaltes leider nicht(LAG Rheinland- Pfalz Urteil vom 8.12.2014- 5 Sa 518/14). Dies wird damit begründet, dass das Gesetz in § 84 SGB IX den Arbeitgeber nicht verpflichtet die Teilnahme eines betriebsfremden Dritten (Rechtsanwalt für Arbeitsrecht oder andere Personen) zu dulden, denn in § 84 SGB IX sind abschließend die zu beteiligenden Personen benannt.

Dennoch kann die Bereitschaft zur Teilnahme dem Arbeitgeber signalisiert werden und der Wunsch geäußert werden, dass der eigene Rechtsanwalt ebenfalls teilnimmt.

BEM-Gespräch Vorbereitung beim Rechtsanwalt für Arbeitsrecht

Wenn Sie eine Einladung zum BEM-Gespräch erhalten haben und eine Kündigungsabsicht des Arbeitgebers bereits vermuten und befürchten, dass die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagement nur den Weg für eine krankheitsbedingte Kündigung ebnen soll, bietet es sich an im Rahmen einer Erstberatung mit einem Rechtsanwalt in Frankfurt mögliche Risiken& Fallen eines BEM-Gespräches zu erläutern, das taktisch kluge eigene Verhalten und die strategische Durchsetzung der eigenen Ziele, wie beispielsweise die stufenweise Heranführung an die Arbeitsbelastung oder die Vermeidung von Nachtschichten, zu besprechen. Lassen Sie sich also vor dem BEM-Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber durch einen im Arbeitsrecht erfahrenen Anwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht coachen und gehen Sie optimal vorbereitet und dadurch mit dem notwendigen Selbstvertrauen in das Gespräch.

Ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement ist nicht erfolgt- ist die krankheitsbedingte Kündigung dann unwirksam?

Für den Arbeitgeber kommt der Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagement spätestens dann eine wichtige Bedeutung zu, wenn auf Grund der häufigen Kurzerkrankungen oder längerer Erkrankungen eine personenbedingte Kündigung des Arbeitnehmers ausgesprochen werden soll.

Zwar ist die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) keine Kündigungsvorsetzung für eine wirksame krankheitsbedingte Kündigung. Ist jedoch die Durchführung des BEM unterblieben, so erhöhen sich für den Arbeitnehmer die Chancen einen Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht wegen krankheitsbedingter Kündigung zu gewinnen rapide.

Denn wurde die Durchführung versäumt, spielt das unterbliebene betriebliche Wiedereingliederungsmanagement im Rahmen der Kündigung nur insoweit keine Rolle, als das auch bei einer Durchführung die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers nicht wieder hätte hergestellt werden können. Die Beweislast für diesen Umstand obliegt dem Arbeitgeber. Regelmäßig dürfte der Arbeitgeber daran scheitern, den Beweis dafür zu erbringen, dass trotz Durchführung des BEM in Form von Gesprächen und oder Maßnahmen die Arbeitskraft nicht wieder hätte hergestellt werden können und scheitert mit der Kündigung im Endeffekt.

Häufig unterlaufen dem Arbeitgeber bei der Durchführung des BEM-Verfahrens auch formale Fehler- auch dies erhöht die Chancen des Arbeitnehmers im Kündigungsprozess vor dem Arbeitsgericht.

Teilnahmepflicht an einer Maßnahme der betrieblichen Wiedereingliederung

Weder die Teilnahme an einem Gespräch nach § 84 II Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) noch an einer Maßnahme ist für den Arbeitnehmer verpflichtend Es will aber auf Seiten des Arbeitnehmers die Absage gründlich überlegt sein. Denn ein gescheiterter Versuch des Arbeitgebers auf Durchführung des BEM führt im Gegensatz zum unterbliebenen Versuch auf Durchführung nicht zu der für den Arbeitgeber ungünstigen Beweislastverschiebung.

Was ist der Unterschied zwischen dem betrieblichen Wiedereingliederungsmangement § 84 II SGB IX und dem Präventionsverfahren § 84 I SGB IX?

Das betriebliche Wiedereingliederungsmangement (BEM) darf nicht mit dem Präventionsverfahren verwechselt werden, welches ausschließlich auf Schwerbehinderte ausgerichtet ist und unter Einbeziehung der Schwerbehindertenvertretung sowie des Integrationsamtes stattfindet.

Das Präventionsverfahren ist auch nicht an die sechs Wochenfrist gebunden. Während eine Maßnahme des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) regelmäßig nach Erreichen von Fehlzeiten im Umfang von 6 Wochen innerhalb eines Jahres oder mehr betrieben wird.

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